Montag, 13. Februar 2012

Interview mit der Politik-Verschwörungs-Expertin

Blick am Abend behandelt das Thema "Gripen". Diesmal (Montag, 13.2.2012) nicht mit dem vonnsinnig lustigen Ikea-Vergleich. Nein, heute fragt die Zeitung allen Ernstes, ob nicht etwa böse "Spin Doctors" dem lieben Ueli Maurer den Gripen vermiesen wollen. "Betreiben Spin-Doctors gezielt Negativpropaganda"? Eine Verschwörung also, das ganze, gemäss BlaA. (Wie denn? Indem die angeblichen Verschwörer ans Licht bringen, was das VBS der Öffentlichkeit verheimlichte - nämlich, dass die Flieger scheinbar Schrott sind, schlechter als die alten FA-18?)

Wo wir gerade bei Verschwörungstheorien sind: BlaA schreibt auffällig suggestiv über die angebliche Anti-Gripen-Verschwörung. Als hervorgehobenes Zitat steht fett mitten Im Artikel: "So wird die Demokratie gefährdet" (gemeint ist: Wenn zum Vorschein kommt, dass das VBS geschlampt hat und bei der Gripen-Wahl womöglich der Wurm drin ist, dann ist das eine Verschwörung. Gemäss BlaA).

Aber nicht nur gemäss Blick am Abend. Nein, rechts vom Artikel gibt es ein klärendes Interview mit "Judith Barben, Psychologin und Spin-Doctor-Expertin". Und die Leserin und der Leser lernen: "Sie wollen die Neutralität abschaffen". Wer will das? Die bösen Spin-Doctors! Denn Frau Barben weiss: "Der schwedische Gripen ist gut und für die Schweiz absolut geeignet. Wir führen keine Angriffskriege und brauchen keine Hochleistungsbomber".

Interessant. Auch wirklich interessante Wahl des BlaA, ausgerechnet die ausgewiesene Aviatik-Expertin Barben zu befragen. Die bei einem, nun, speziell anmutenden Schweizer Verlag gerade ein Buch über die bösen Spin-Doctors in Bern herausgegeben hat. Zufall? Oder war ein rechtskonservativer Spin-Doctor involviert?

Die Autorin ist - als Psychologin, Anti-Ritalin-Kämpferin (pdf, mit bahnbrechenden, wissenschaftlich enorm gut abgestützten Statements wie "Ritalin stört die Persönlichkeitsentwicklung langfristig"), Kämpferin gegen die neue Schweizer Verfassung auf Seiten, die sich Begriffe wie "Neutralität" und "Unabhängigkeit" auffällig penetrant aufs Banner schreiben (übrigens: auch die Tatsache, dass das Volk der Verfassung zugestimmt hatte, geht gemäss Barben auf eine Verschwörung zurück: "Die PR-Berater des Bundes hatten also den Auftrag – statt zu informieren – die Fakten zu vertuschen und von den Inhalten abzulenken [...] Solch billige PR-Methoden sind einer Demokratie unwürdig." Irgendwoher kommt uns exakt dieses Argument sehr bekannt vor.)

In einem Essay geht Barben noch etwas weiter: Spin Doctors des Bundes würden die Realität der Stimmbürger durch "neurolinguistisches Programmieren" beeinflussen. Den Aufsatz "Manipulation durch Sprache" gibt es hier zum Nachlesen. Hier kann man dazu noch diverse "Pamphlete" der Autorin bestellen (Achtung, der Bundesrat führt - mit wem? richtig: Spin Doctors! Die Schweiz unweigerlich in die NATO und damit in den Krieg!)

Wir vom BlaABlog würden das, was die Frau Barben als Manipulation bezeichnet, einfach als Politik und Meinungsmache bezeichnen. Courant normal. Die Gegenseite macht das nämlich auch. Die von Barben daherkonstruierte angebliche "Realität", die da scheinbar verdreht würde, ist selbst nur neurolinguistisches Programmieren, diesmal einfach von Barben. Sie will anscheinend mit allen Mitteln eine eine total neutrale und unabhängige Schweiz (stramm rechtsliberal definiert).

Und ganz besonders gern will Barben als ausgewiesene Aviatik-Expertin den Gripen. Fragt sich nur, warum Frau Barben im BlaA derart ungefiltert ihre neurolinguistischen Machenschaften entfalten darf! 


[Beim letzten Satz hätten wir eigentlich gerne dramatische Musik eingespielt. Aber wir können leider nicht programmieren. Lesen Sie den Satz einfach langsam und mit düsterer Stimme, wie in einem Hollywood-Trailer. Und stellen Sie sich dazu dramatische Töne vor. Was wissen wir schon. Berlioz. Wagner. Den Imperial March.]

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Gerne nehmen wir Ihre Leserbriefe entgegen. Wir bitten um etwas Geduld für die Freischaltung. Leider hat es sich als notwendig erwiesen, die Leserbriefe vor Veröffentlichung zu prüfen.