Es ist schön, richtig und wichtig, dass sich die beste und beliebteste Abendzeitung der Schweiz beinahe täglich auch relevanten Themen (wie Kollege Armee zu sagen pflegt: "Relevanz, Relevanz, Relevanz!") widmet. Heute (Mi., 25.1.2012) etwa gibt es auf S. 2 einen 2-spaltigen Kommentar über Mitt Romney, einen der republikanischen Bewerber auf die Wahl zum US-Präsidenten. Der Artikel heisst: "Steueroptimierer Romney verstehen."
Um dieses Thema gut kommentieren zu können, ist es hilfreich, die USA und ihr politisches System zu kennen. Ausserdem ist es nützlich, über die neusten Entwicklungen des republikanischen Wahlkampfes informiert zu sein.
Der BlaA schreibt über Mitt Romneys "Steueraffäre" (die Tatsache, dass Multimillionär Romney einen substantiell tieferen Steuersatz als ein US-Mittelständler hat): "Der Republikaner Romney gehört zu den 0,006 Prozent Superreichen im Land, zahlt aber weniger Steuern als der Durchschnittsamerikaner."
An dieser Aussage sind zwei Dinge problematisch. Erstens gibt es mehr als 0.006 Prozent Superreiche in Amerika (auf 311 Millionen Einwohner wären das gerade mal 18'660 Superreiche). Die Zahl 0.006% trifft ungefähr zu, wenn Romney im Jahr 2009 über 10 Millionen Dollar Einkommen versteuert hätte (siehe hier). Eine seltsame Definition von "superreich" (was ist mit Millionären und Milliardären, die weniger als 10 Millionen Einkommen versteuerten? Sind das keine Superreichen?). Zweitens bezahlt Romney selbstverständlich nicht "weniger Steuern als der Durchschnittsamerikaner". Romney bezahlte in den vergangenen zwei Jahren rund 6,2 Millionen Dollar - der Durchschnittsamerikaner könnte so viel im Leben nie bezahlen. Gemeint hat der Autor wohl, dass Romney nur 13-15% Steuern bezahlen musste, während es beim US-Mittelstand gerne 25% und mehr waren.
Aber genug gerechnet. Wir wollen ja "Steueroptimierer Romney verstehen". Auch da hilft der Kommentator gerne. Die Frage, warum die "Steueraffäre gerade jetzt ans Licht" kam, beantwortet der Blick am Abend mit den Worten: "Weil es Romney gerade so gut lief. Seine Mitbewerber Gingrich, Santorum und Paul hatte er zuletzt abgehängt. Da hilft nur der ganz grosse Hammer."
Tatsache ist: Den "Hammer" hat Romney selbst ausgepackt, er kam nicht einfach so "ans Licht". Zwar hatten Romneys Konkurrenten schon länger darauf gedrängt, dass er sein Vermögen und seine Steuern offenlegte - Romney hat aber den Zeitpunkt dieser Veröffentlichung selbst gewählt (man könnte zum Beispiel darüber spekulieren, ob Romney den Steuer-Hammer deshalb jetzt auspackte, damit dieser bei den nächsten Primaries in Florida bereits wieder etwas vergessen sein wird).
Eins ist sicher: Romney tat es sicher nicht jetzt, weil es ihm "gerade so gut lief" - in Wirklichkeit hatte nicht Romney Gingrich, sondern Gingrich Romney "zuletzt abgehängt". Oder hat BlaA verdrängt, dass Romney am Samstag, 21.1.2012 mit 28% der Stimmen in South Carolina gegen Newt Gingrich (satte 40% der Stimmen) verlor?
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